19.06.2019
Interview mit der südkoreanische Pianistin Younee
Interview: Die südkoreanische Pianistin Younee ist klassisch ausgebildet und eine Meisterin der Improvisation. Sie kennt dabei keine stilistischen Grenzen. Am Freitag eröffnet sie in der Gedächtniskirche Palatia Jazz. Karl Georg Berg sprach mit ihr auch über ihre Pläne für Speyer.
Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Das
hat sich ganz natürlich ergeben. Ich war schon als kleines Kinder von
Klängen aller Art fasziniert und hab versucht, diese auf Tasten
nachzumachen. Ich hatte eine kleine Melodika, auf der ich gespielt habe.
Ich war Einzelkind und habe meine Eltern gebeten, mir ein Klavier zu
kaufen – was diese dann auch getan haben.
Wie sind Sie dann in Südkorea mit der westlichen klassischen Musik in Berührung gekommen?
Durch
das südkoreanische Musiksystem, in dem die Beschäftigung mit der
klassischen Musik aus Europa eine wichtige Rolle spielt. Beim
Unterricht habe ich dann immer mehr von dieser Musik entdeckt und wollte
immer mehr spielen. Auch haben mich Filme von Pianisten im Fernsehen
stark fasziniert und beeindruckt.
Haben Sie Lieblingskomponisten in der Klassik?
Ich
finde da alle Musik schön und habe alle rasch sehr gemocht. Besonders
gerne mag ich dunkel getönte und melodische, aber auch solche voller
Energie. Beethoven entdecke ich immer wieder neu, auch Schubert spricht
mich an mit seinen liebevollen Melodien.
Wie und warum improvisieren Sie über klassischen Themen?
Ich will verwirklichen, was die Komponisten wollten, was sie mit ihrer
Musik aussagen. Für mich ist die klassische Musik ein Schatzkästchen.
Und ich bin auf der Suche nach einer anderen Sicht auf die Noten, einer
modernen Sicht, die von der Erfahrung mit all den anderen
Musikrichtungen beeinflusst ist, die wir heute kennen.
Ist improvisieren wie komponieren?
Improvisation
ist eine Art von Komposition. Manchmal improvisiere ich über
vorgegebene Themen und Muster, die ich mit meinen eigenen Zutaten
ergänze. Ich kann auch komplett spontan improvisieren. Das ist dann
wie Malen auf einem komplett leeren Blatt, eine reine Momentaufnahme.
Ich frage mich immer, was ist der große Unterschied zwischen Malerei und
Musik. Ich möchte, dass – wie ein Maler, der vor einer leeren Leinwand
oder vor einem leeren Blatt steht oder sitzt und plötzlich kreativ wird –
meine Musik aus dem Moment entsteht und ganz einmalig ist.
Spiegelt sich in Ihrer Musik auch Ihre persönliche Stimmungslage wider?
Meistens bin ich glücklich und fühle mich fast immer gut – das spürt man dann in meinem Spiel auch.
Und äußere Einflüsse?
Das
passiert immer mal. Ich habe einmal gespielt, als in der Nachbarschaft
eine Glocke zu läuten begann. Da habe ich dann spontan über den
Glockenklang improvisiert.
Spielen Sie immer nur solo?
Nein, ich habe auch – vor allem in England – schon in Bands mit großen Jazzern gespielt.
Haben Sie schon Ideen für Speyer oder ist noch alles offen?
Wenn
ich in eine neue Stadt komme, will ich vorher gar nicht so viel wissen,
sondern mich vor Ort überraschen lassen. Ich will ganz intuitiv machen,
was kommt und mich selbst überraschen lassen. Das Erlebnis und die
Überraschung sind mir wichtiger, als perfekt zu spielen.
Sie spielen in der Gedächtniskirche. Wie ist das, in einer Kirche zu spielen?
Der
Raum beeinflusst ja mein Spiel immer – und die Akustik in Kirchen ist
ja immer eine besondere, auch die spirituelle Aura ist besonders. Ja,
das beeinflusst meine Musik.
Ihr neues Album heißt „Jugendstil“. Warum?
Ich
will etwas Modernes für die jetzige Zeit machen. Der Jugendstil war
eine Kunst des Aufbruchs, die ganz modern sein wollte. Und es war eine
Kunst, die alle Bereiche des Lebens durchzog und auch im Alltag ihren
Platz hatte. Keine Kunst nur für das Museum. Ich will auch meine Musik
im Alltag verankern.Kultur
Termine
Am 21. Juni ist um 19.30 Uhr das Eröffnungskonzert in der Gedächtniskirche mit der koreanischen Pianistin Younee. Um 21 Uhr spielt das Trio Paolo Frésu, Richard Galliano und Jan Lundgren. Am 22. Juni ist Open Air im unteren Domgarten ein Konzert mit Paolo Frésu und Lars Danielsson ab 19 Uhr. Infos: www.palatiajazz.de.
Karten
Karten gibt es unter www.palatiajazz.de, Telefon 06326 967777 sowie in den RHEINPFALZ-Geschäftsstellen und den Reservix-Vorverkaufsstellen.
Ausgabe
Die Rheinpfalz Speyerer Rundschau - Nr. 140
Datum
Mittwoch, den 19. Juni 2019
Seite
18