14.07.2016
»palatia Jazz«: De-Phazz feat. Pat Appleton und vieles mehr auf der Klosterruine Limburg
Die besten Songs im neuen Gewand
Anfang der 2000er Jahre schwappte eine neue Musikwelle in die Cocktailbars der Welt – und Lounge-Musik war geboren! Zu ihren erfolgreichsten und spannendsten Vertretern gehörte dabei ohne Zweifel eine Band aus dem beschaulichen Heidelberg, ein Projekt namens Destination Phuture Jazz , kurz De-Phazz. Ihr Markenzeichen: eingängige Soundcollagen aus retro-elektronischen Klängen aus den kreativen Fingern von Mastermind Pit Baumgartner, erdige Bläser, spöttische, leicht gesellschaftskritische Texte voller wohldosierter (Selbst-)Ironie – kongenial gespiegelt im Albumtitel „Lala 2.0“ (2010) – und der strahlenden Stimme von Pat Appleton. Songs wie „The Mambo Craze“ wanderten über Sampler wie „Buddha Bar“, „Café del Mar“, „Hotel Costes“ oder gar „Erotic Lounge“ aus der Rhein-Neckar-Region hinaus in die Welt und trugen den sexy Sound der selbsternannten „Godfathers of Lounge“ rund um den Globus. Auf ihren Konzerten entführte das Kollektiv sein Publikum dagegen mit betörenden Klangkulissen und live gemixten Videococktails in eine musikalische Fantasiewelt.
Ihrem zehnten, im Januar veröffentlichten Album haben De-Phazz den Namen „Private“ gegeben. Mit Grund: Denn der Titel bedeutet, dass Baumgartner, Appleton & Co zu den Wurzeln ihres musikalischen Tuns zurückkehren, ihre fein gesponnenen De-Phazz-Kollagen auf ihren Kern beziehungsweise die Texte reduzieren. Mit einer intimen Besetzung – Frank Spaniol (Baritonsaxofon/Bassklarinette), Matti Klein (Rhodes & Wurlitzer), Markus Bodenseh (Bass), Oli Rubow (Drums) – entstanden ziemlich jazzige Neuinterpretationen alter Hits und neuer Tracks, (fast) völlig frei von Elektronik und visuellem Pipapo.
Doch der perlende Lounge-Pop von De-Phazz (es gibt noch Stehplatzkarten) ist nur das Finale eines langen und vielfältigen Doppel-Konzert-Wochenendes vor der beeindruckenden Kulisse der Klosterruine Limburg. Eingestimmt wird der Samstagabend von der Berliner Formation Mo’ Blow, die sich vor ihrer Auflösung mit einem groovenden Funk-Feuerwerk auf der „Farewell“-Tour verabschieden wird.
Mit mehreren eigens nach seinen Vorstellungen angefertigten Trompeten- und Flügelhornmodellen eröffnet Trompeter Christian Scott mit seinem Oktett freitags den Limburg- Jazz . In seiner, von ihm „Stretch Music“ genannten Genreverschmelzung finden sich, ausgehend von moderner Jazzstilistik, vor Energie sprühende Rockdynamik, Funk-Riffs, Soul-Voicings und Pop-Anklänge.
Im Anschluss zelebriert die 37-jährige japanische Jazzpianistin Hiromi Uehara, die schon als Teenager mit Größen des Jazzrock wie Chick Corea spielte, mit ihrem Trio Project ein virtuoses, spannendes Jazzrock-Fusion-Gewitter von aberwitziger Rasanz.
Christian Roskowetz
Ausgabe:
Die Rheinpfalz - LEO Nr. 31
Datum:
Donnerstag, den 14. Juli 2016
Seite:
04