24.07.2014
Charles Lloyd: Filmportrait eines außergewöhnlichen Musikgenies. Der grandiose Musikdokumentarfilm "Arrows Into Infinity" erzählt die aufregende und wechselvolle Geschichte des Saxophonisten Charles Lloyd.
Mit "Arrows Into Infinity" ist den Filmemachern Dorothy Darr und Jeffery Morse ein eindrucksvolles dokumentarisches Portrait des Saxophonisten und Komponisten Charles Lloyd gelungen, der für sein Lebenswerk kürzlich in die Reihe der NEA Jazz Masters aufgenommen wurde. "Arrows Into Infinity" ist die Chronik eines der ganz großen Improvisierers des Jazz, gespickt mit Erinnerungen, Archivaufnahmen und natürlich sehr viel Musik. "Ein Musikdokumentarfilm, der die Messlatte für dieses Genre höher legt", wie der Chicago Reader in einer Rezension meinte. Erzählt wird in dem fast zweistündigen Dokumentarfilm, der nun auf DVD und Blu-Ray Disc erscheint, die außergewöhnliche Geschichte von Charles Lloyd, von seinen musikalischen Entdeckungen und erstaunlichen Publikumserfolgen, seinem überraschenden Rückzug in die Wildnis von Big Sur, seinem gefeierten Comeback in den frühen 1980er Jahren und seinem kreativen Wirken bis zum heutigen Tage.
Der 1938 geborene Saxophonist wuchs in Memphis/Tennessee auf, wo er früh einige Meister des Jazz live erleben konnte (Duke Ellington und Count Basie traten dort regelmäßig mit ihren Bands auf), aber auch mit der florierenden lokalen Bluesszene in Berührung kam, die u.a. Berühmtheiten wie W.C. Handy, Albert und B.B. King, John Lee Hooker, Junior Wells, Ida Cox und James Cotton hervorbrachte. Zu Lloyds Kindheitsfreunden gehörte der spätere Trompeter Booker Little, sein erster musikalischer Mentor war Pianist Phineas Newborn. Lloyd war noch ein Teenager, als er mit Howlin’ Wolf auf Tournee ging. 1956 zog der Saxophonist nach Los Angeles, um Musik zu studieren, und befreundete sich dort in einer Epoche, als die Blaupausen für musikalische Freiheit neu entworfen wurden, mit den Free-Jazz-Pionieren Ornette Coleman, Don Cherry, Charlie Haden und Billy Higgins. Dann ersetzte er in Schlagzeuger Chico Hamiltons Band Eric Dolphy und erwarb schnell eine Reputation als außergewöhnlicher Saxophonist und Komponist erstaunlich origineller Melodien. In seinen eigenen Ensembles versammelte Lloyd schon früh einige der aufregendsten Musiker der Zeit um sich. Sein Quartett der späten 1960er Jahre mit Keith Jarrett, Cecil McBee und Jack DeJohnette setzte in mehrererlei Hinsicht Maßstäbe. Es trat als erste Jazzband im Fillmore Auditorium von San Francisco auf, wo bis dahin nur Rockstars wie Jimi Hendrix und Janis Joplin Zutritt hatten, wurde auf Jazzfestivals in Europa frenetisch vom Publikum gefeiert, wurde auf dem Gipfelpunkt des Kalten Krieges als erste westliche Jazzband in die Sowjetunion eingeladen und verkaufte von seinem Album "Forest Flower" (1966), das ein regelrechter Radio-Hit war, über eine Million Exemplare. Auf der Höhe seiner Popularität zog sich Lloyd plötzlich, desillusioniert von den "Nebenwirkungen des Erfolgs", aus der Öffentlichkeit in die bewaldeten Berge von Big Sur an der Küste Zentralkaliforniens zurück, um dort in der Abgeschiedenheit zu meditieren und Musik zu machen. Bis ihn der Pianist Michel Petrucciani wieder auf die Jazzbühne zurückholte. "Arrows Into Infinity" bietet u.a. Filmaufnahmen von Auftritten, die Lloyd 1964 mit dem Cannonball Adderley Sextet sowie zwischen 1966 und 1968 mit Keith Jarrett, Jack DeJohnette und Cecil McBee (bzw. Ron McClure) machte. Außerdem erlebt man den Saxophonisten in Duos mit den Schlagzeugern Jack DeJohnette und Billy Higgins oder dem Pianisten Michel Petrucciani, mit dem Sangam-Trio (Zakir Hussain und Eric Harland), im Quintett mit John Abercrombie, Geri Allen, Larry Grenadier und Billy Hart, mit dem New Quartet (Jason Moran, Reuben Rogers und Eric Harland) und Gastsängerin Alicia Hall Moran.